24.01.2015 22:16

Neuregelung für Überprüfung von Schießstätten

Kategorie: Allgemein Allgemein
05.01.2015 – Am 1. Januar 2015 ist die Neuregelung des Paragrafen 12 Absatz 4 Allgemeine Waffengesetzverordnung (AWaffV), wer künftig als „anerkannter Schießstandsachverständiger“ anzusehen ist, in Kraft getreten.

Hiernach sind als anerkannte Schießstandsachverständige im Sinne von § 12 Abs. 1 AWaffV nur noch
1. öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für das Fachgebiet „Sicherheit von nichtmilitärischen Schießständen“ und
2. auf der Basis polizeilicher oder militärischer Regelungen als Schießstandsachverständige ausgebildete Personen anzusehen.
In der Bundesrepublik gibt es derzeit 47 Sachverständige gemäß Nr. 1, davon etwa 30 öffentlich b estellte  und  beeidigte  Sachverständige  in  Bayern;  wie  viele  Sachverständige  es  gemäß  Nr.  2  gibt  ist nicht bekannt.
Diese Änderung aus dem Jahr 2008, zu der die betroffenen Verbände nicht angehört worden sind, sol lte zunächst am 1. Januar 2013 in Kraft treten, jedoch war diese Frist vom Bundesministerium des Innern  (BMI)  verlängert  worden,  weil  sich  zum  einen  gezeigt  hatte,  dass  die  bisherigen  anerkannten Schießstandsachverständigen  nicht  bereit  waren,  sich  der  Prozedur  einer  öffentlichen  Bestellung  bei den  zuständigen  Industrie-  und  Handelskammern  zu  unterziehen,  und  zum  anderen  den  Verbänden Zeit zu gewähren, eine qualitative gleichwertige Alternative zur öffentlichen Bestellung zu entwickeln.
Die vom BMI geforderte Einigkeit der betroffenen Verbände ist – wie hinlänglich bekannt ist – an dem
Verhalten  der  Verbandsvertreter  eines  Schießstandsachverständigenverbandes  gescheitert.  Die  Verbände hatten in  der Vergangenheit und haben auch heute keine Möglichkeiten, den bisherigen anerkannten Schießstandsachverständigen eine öffentliche Bestellung und Vereidigung vorzuschreiben.

Rechtliche Regelungen
Für die Schützenvereine als Schießstandbetreiber gelten für die Überprüfungen von Schießstätten die
Regelungen des § 12 Abs. 1 AWaffV. Hiernach sind Schießstätten
1. vor ihrer ersten Inbetriebnahme und
2. in regelmäßigen Abständen von mindestens vier Jahren, wenn mit erlaubnispflichtigen Schusswaffen geschossen wird, sowie
3. in regelmäßigen Abständen von mindestens sechs Jahren, wenn mit erlaubnisfreien Schusswaffen
geschossen wird, ferner
4. falls Zweifel an dem ordnungsgemäßen Zustand oder den erforderlichen schießtechnischen Einrichtungen bestehen,
hinsichtlich der sicherheitstechnischen Anforderungen zu überprüfen. Die Anforderungen ergeben sich aus  den  Schießstandrichtlinien  vom  23.  Juli  2012  (veröffentlicht  im  Bundesanzeiger  vom  23.  Juli 2012).
Diese  Richtlinien  werden  derzeit  von  einer  beim  Deutschen  Olympischen  Sportbund  eingerichteten
Arbeitsgruppe überprüft. Die Regelung zu Nr. 1 gilt nicht nur für die erstmalige Inbetriebnahme einer
(neuen) Schießstätte, sie ist vielmehr besonders wichtig für die bei Bundesligawettkämpfen zum Be ispiel in Turnhallen jeweils anlassbezogen aufgebauten Schießstände.
Es muss geprüft werden, ob eine derartige Anlage als „ortsveränderliche Schießstätte“ anzusehen ist, für die nach § 27 Abs. 1 Satz 5 Waffengesetz (WaffG) eine einmalige  – bundesweit geltende – Erlaubnis der zuständigen Behörde vor der erstmaligen Aufstellung ausreichend ist. Jede weitere Aufstellung der Anlage kann sodann ohne erneute behördliche Überprüfung erfolgen.
Hinsichtlich der Regelüberprüfungen gibt es keine starren Fristen, so dass im Einzelfall auch andere
Zeiten möglich sein können. Darüber hinaus  kann  die Behörde bei Zweifeln an dem sicherheitstechnisch ordnungsgemäßen Zustand eine (Sonder-) Überprüfung der Schießstätte vornehmen; dies liegt in ihrem Ermessen („kann“), das heißt, die Behörde muss prüfen, ob sie überhaupt etwas unternehmen muss  und  welche  Überprüfungsmaßnahmen  sie  einleiten  will.  Die  Zweifel  muss  die  Behörde  dem Schießstandbetreiber darlegen, sie muss ebenfalls darlegen, welche Gründe sie für welche zu treffenden Maßnahmen hat.
Überprüfung durch Behörde

Die Überprüfung muss von der „zuständigen Behörde“ vorgenommen werden. Es handelt sich hierbei
um eine staatliche Aufgabe, die von den Bediensteten der Behörde durchzuführen sind und für die entsprechend  den  landesgesetzlichen  Regelungen  auch  Gebühren  erhoben  werden  können  (z.B.  in Nordrhein-Westfalen 50 bis 160 Euro).
Wie die Behörde diese Überprüfungen vornimmt, steht in ihrem Ermessen zur Erfüllung der ihr obliegenden Verwaltungsaufgaben. Hierbei kann sie sich  –  was dem Regelfall entsprechen dürfte –  eigener Bediensteter oder auch behördenfremder Hilfspersonen bedienen. Der Schießstandbetreiber selbst ist allein nach § 39 WaffG verpflichtet, die zur Überprüfung erforderlichen Auskünfte zu erteilen und den Vertretern der Behörde den Zutritt zur Schießstätte zu gestatten, damit die erforderliche Überprüfung vorgenommen  werden  kann.  Er  selbst  ist  nicht  verpflichtet,  einen  Schießstandsachverständigen  für diese behördliche Überprüfung zu beauftragen und hinzuzuziehen.
In dem oben aufgeführten Fall der Nr. 4 hat die Behörde die Auswahlentscheidung, ob sie selbst eine
Sonderüberprüfung  durchführen  will,  oder  ob  sie  vom  Schießstandbetreiber  (Erlaubnisinhaber)  die Vorlage  eines  Gutachtens  eines  anerkannten  Schießstandsachverständigen  verlangt.  Allein  in  dieser Fallkonstellation kann die Behörde die ihr obliegende Prüfungsverpflichtung abwenden und  auf  den Betreiber  übertragen;  dieser  ist  dann  verpflichtet,  selbst  einen  Schießstandsachverständigen  mit  der Begutachtung  zu  beauftragen.  Lediglich  in  diesem  Fall  gilt  dann  die  Neuregelung  des  §  12  Abs.  4 AWaffV, das heißt, der Betreiber muss einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen beauftragen. Der Verordnungsgeber hat für diesen Fall ausdrücklich vorgesehen (§ 12 Abs. 1 Satz 5 AWaffV), dass die Kosten hierfür vom Erlaubnisinhaber zu tragen sind; daneben fallen natürlich noch die behördlichen Verwaltungsgebühren an.
Stellungnahme BMI

Das  BMI  hat  auf  diese  Überprüfungsregelung  in  seinem  Schreiben  vom  17.  Dezember  2014  an  die Verbände ausdrücklich hingewiesen und beispielhaft aufgeführt, dass sich Zweifel am ordnungsgemäßen Zustand ergeben können „nach umfangreichen Umbauten, Hinzukommen neuer Schießdisziplinen o.ä.“. Dies zeigt auf, dass nicht jede geringfügige Änderung zu Zweifel im Sinne  der gesetzlichen Regelung Anlass gibt, sondern vielmehr nur wesentliche Eingriffe in die Schießstättensubstanz geeignet sind, (begründbare) Zweifel auszulösen.
Zu den ortsveränderlichen (mobilen) Schießstätten führt das BMI aus, dass bei der Abnahme nur dann ein  Schießstandsachverständiger  einzuschalten  ist,  wenn  von  der  Abweichungsklausel  1.6  Schießstandrichtlinien Gebrauch gemacht werden soll.
„Polizeiliche“ und „militärische“ Schießstandsachverständige

Rechtliche Zweifel ergeben sich hinsichtlich der Regelung des § 12 Abs. 4 Nr. 2 AWaffV, nach der als
anerkannte  Schießstandsachverständige  auch  auf  der  Basis  polizeilicher  und  militärischer  Regelung ausgebildete  Personen  gelten.  Deren  Aufgabenbereich  ist  von  der  Intention  des  Verordnungsgebers (BMI) begrenzt auf den dienstlichen, polizeilichen oder militärischen Bereich. Die Ausbildung erfolgte nicht nach Maßgabe der für den zivilen Bereich geltenden Schießstandrichtlinien, sondern allein unter der dienstlichen Zweckbestimmung erlassenen Regelungen. Eine Tätigkeit für den zivilen Bereich der sport-  und jagdlich genutzten Schießstätten scheidet daher aus. Wollen diese Sachverständigen außerdienstlich  (selbständig)  tätig  werden,  benötigen  sie  zusätzlich  –  wie  allen  anderen  Sachverständigen auch  –  die entsprechende Qualifikation, das heißt, sie müssen jetzt auch öffentlich bestellt und vereidigt sein. Dies hat das BMI in einem Erlass vom 3. September 2008 ausdrücklich festgestellt.

Ausblick
Die neue Rechtslage wirft viele Fragen auf, was zunächst zu Unsicherheit nicht nur bei den Betreibern, sondern möglicherweise auch bei Behörden führen kann. Es ist daher erforderlich, die Überprüfungsregelungen des § 12 AWaffV mit Augenmaß anzuwenden und mit den zuständigen Behörden zu Regelungen zu finden, die eine weitere Durchführung des Schießsports und des Traditionsschießens (zum Beispiel Vogelschießen) ermöglicht.
Die  Neuregelung  darf  nicht  dazu  führen,  dass  es  durch  die  Hintertür  zu  einer  Beschränkung  des Schießsports,  insbesondere  durch  hohe  Kostenbelastungen  der  Vereine  kommt.  Im  Interesse  des Schießsports wird der Deutsche Schützenbund die Auswirkungen der Neuregelung sorgfältig beobachten und weiterhin das Ziel verfolgen, den bisherigen zuverlässigen und fachlich kompetenten „anerkannten Schießstandsachverständigen“ ebenfalls zu den gesetzlichen Überprüfungen zuzulassen.
Der DSB bittet daher die ihm angeschlossenen Vereine um Mitteilung, wenn sich nunmehr konkrete
Probleme ergeben, die zu einer Beeinträchtigung der Ausübung des Schießsports führen.

Beitrag: Jürgen Kohlheim